Der Sarkophag von Agia Triada: Der berühmte Steinsarkophag, der in einem relativ unbedeutenden Grab in Agia Triada im Süden Kretas gefunden wurde, und heute im Archäologischen Museum Heraklion zu besichtigen ist, ist rundherum vollständig mit Freskomalerei bedeckt. Bei dem Grab dürfte es sich aber ursprünglich um die Beerdigungsstätte eines Prinzen handeln, der in der Zeit der mykenischen Herrschaft in Kreta lebte. In den einzigartigen Darstellungen auf dem Sarkophag entfaltet sich nämlich ein anschauliches Bild von einer Kulthandlung, die Teil der Bestattungszeremonie hoher Würdenträger war.
Im bronzezeitlichen Griechenland lagen die Grabstätten entweder vereinzelt oder in Gräberfeldern organisiert, manchmal innerhalb der Siedlungen, meist aber außerhalb. Die gängige Bestattungsform war die Körperbestattung. Brandbestattungen blieben sowohl auf dem Festland als auch auf den Inseln bis zum Ende der Epoche eher eine Ausnahme. Normalerweise wurden die Körper der Verstorbenen in gekrümmter Haltung bestattet. Dies könnte unter Umständen eine rituelle Bedeutung gehabt haben. Man geht aber eher davon aus, dass diese Haltung aus Platzgründen bevorzugt wurde. So legte man z. B. die Toten bei einer Bestattung in Sarkophagen in der sog. „Hockstellung“ in Holz,- Terrakotta – oder Steinsärge, d.h. mit auf der Brust gekreuzten Armen und angezogenen Beinen, noch ehe die Totenstarre eintrat. Den Verstorbenen wurden meistens Beigaben mitgegeben, deren Qualität je nach deren sozialen Stellung schwanken konnte. Häufig lässt sich auch nachweisen, dass die Familie im Zusammenhang mit der Bestattung Speisen oder Getränke zu sich nahmen, und dass zu Ehren des Verstorbenen auch andere Zeremonien abgehalten wurden.
KISTENGRÄBER
Auf den Kykladen und auf Kreta finden sich bereits zu Beginn der Bronzezeit große, nach einem bestimmten System organisierte Gräberfelder. Bei den frühkykladischen Gräbern handelt es sich meist um sog. Kistengräber, die entweder aus Steinen oder aufrecht stehenden Platten konstruiert sind. Anfangs wurde jedes Grab nur für eine Bestattung benutzt. Später wurden die Knochen des Toten beiseite geräumt, um Platz für den eben Verstorbenen zu schaffen. Dabei wurde der Tote in zusammengekrümmter Haltung bestattet. Die Gräber enthielten häufig zahlreiche Beigaben, wie Ton- oder Steingefäße, Metallgegenstände, Schmuck oder Waffen. Die auch in diesen Gräbern gefunden Kykladenidole haben es dabei zu einer besonderen Berühmtheit gebracht. (Tipp: Im Goulandris-Museum für kykladische Kunst in Athen kann man rund 230 solcher Idole besichtigen.)
MINOISCHE KUPPELGRÄBER
In Südkreta hat man die Grundmauern von mehreren Tholosgräbern (Rundbauten mit Kraggewölbe) gefunden. Dabei handelte es sich um Familiengräber, die sich meist in planmäßig angelegten Nekropolen befanden und für eine wiederholte Benutzung angelegt wurden. Den Toten wurde Schmuck, Waffen und Verpflegung für das Jenseits mitgegeben. Bei den gefundenen Rundgräbern sind zwar die Kragkuppeln nicht mehr erhalten. Man kann aber bei den Grundmauern ein Vorkragen der Steine nach innen erkennen.
Die Tholosgräber von Gerokambos: An der kretischen Südküste sind die Überreste zweier minoischer Rundgräber erhalten geblieben, die von der frühminoischen bis in die mittelminoische Zeit genutzt wurden. Es handelt sich um zwei Rundgräber unterschiedlicher Größe, an die vier Räume angebaut waren. Das mit einem Innendurchmesser von etwa 5 Meter größere Rundgrab Lebena II ist dabei etwas älter. Die untere Fundschicht stammt aus frühminoischer Zeit. Darüber befanden sich Steinblöcke, die offensichtlich von einem Deckeneinsturz stammten. ©Bild: Wikimedia Commons
Das Grab von Kamilari: Auf einem flachen Hügel unweit der minoischen Siedlung Agia Triada im Süden Kretas befindet sich ein minoischer Friedhof. Besonders sehenswert ist ein relativ gut erhaltenes Tholos-Grab mit einem Durchmesser von fast 8 Metern, das um 1900 v. Chr. errichtet wurde. Vor dem Eingang zum eigentlichen Kuppelgrab befindet sich ein Vorhof, von dem man in einen Korridor gelangt. Zu beiden Seiten des Korridors sind kleine Räume angeordnet, die vermutlich dem Totenkult und als Beinhaus dienten. Durch einen niedrigen Eingang, der mit einer großen Steinplatte verschlossen werden konnte, gelangte man in den Tholos, wo man den Leichnam des Verstorbenen ablegte. Nachdem das Fleisch des Leichnams verwest war, wurden die Knochen in das Beinhaus gebracht, um Platz für weitere Begräbnisse zu schaffen.
Das Kuppelgrab von Phourni: In der etwa 12 km südlich von Heraklion gelegenen Nekropole Phourni, die übrigens als eine der größten der Bronzezeit im Mittelmeer gilt, befindet sich ein aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. stammendes Kuppelgrab. Im Kuppelraum fand man neben Überresten von Grablegungen das Skelett eines Pferdes. In einem Seitenraum entdeckte man einen Sarkophag, der die Knochenreste einer sicherlich bedeutenden Frau enthielt, sowie eine Fülle von Haushaltsgegenständen und Schmuck. Einiges spricht dafür, dass es sich bei der Frau um eine Priesterin handelt. Die mykenischen Grabbeigaben und der lange Gang, der zur Grabkammer führt (Dromos) sprechen für einen mykenischen Einfluss oder sogar Erbauer. ©Bild: Wikimedia Commons
SCHACHTGRÄBER
Gewöhnlich bestehen diese Gräber aus einem rechteckigen, in die Erde gegrabenen oder in einen Fels gehauenen Schacht und einer engeren Grabkammer, die den unteren Teil des gesamten Grabes darstellt. Häufig wurde der Boden der Grabkammer mit Kieseln oder einer Lage aus Lehm belegt. Der Verstorbene wurde darauf gelegt und die Grabbeigaben herum platziert. Dann wurde die Grabkammer mit einer Holzbalkenkonstruktion oder einem darüber gelegten Geflecht aus Ästen und Zweigen überdacht. Anschließend wurde der Schacht mit Erde oder Schutt zugeschüttet und an der Oberfläche zur Grabmarkierung ein Steinhaufen bzw. ein Steinkreis errichtet oder in bestimmten Fällen auch eine Stele aufgestellt.
Auf Kreta wurden rechteckige Schächte in einen Fels gehauen, in die man die Toten – entweder allein oder in einer Larnax (meist aus Terrakotta gefertigter Sarg) bestattet – legte. Am Rand des Schachtes arbeitete man umlaufende Simse aus, die als Auflage für Deckplatten dienten, mit deren Hilfe man die Schächte verschloss.
In der späten Bronzezeit wurden die Gräber vor allem auf dem Festland immer sorgfältiger gebaut. Den Toten wurden auch zunehmend kostbare Beigaben in die Gräber gelegt, was auf einen wachsenden Grad der sozialen Differenzierung schließen lässt. Die berühmtesten derartigen Gräber sind die äußerst reich ausgestatteten Schachtgräber von Mykene, die vom späten 17. bis zum frühen 15. Jahrhundert v. Chr. angelegt wurden. Sie bestanden aus großen rechteckigen Schächten, die in zwei Grabkreisen zusammengefasst waren, einen innerhalb der mykenischen Akropolis und einen außerhalb der Stadtmauer.
Schachtgräberkreis A in Mykene: Westlich der großen Rampe erstreckt sich ca. 20 m vom berühmten Löwentor entfernt eine kreisförmige Umfassungsmauer, die aus einer doppelten Reihe aufrechter Platten besteht. Innerhalb des Gräberrundes fand man 6 Schachtgräber, in denen insgesamt 19 Tote bestattet waren. Die Gräber haben die Form großer rechteckiger Schächte, wobei die Maße des kleinsten 3 x 3,50 m und die des größten 4,50 x 6,40 m betragen. Die Tiefe der Schächte schwankt von 1 bis 4 m. Die Seitenwandungen sind mit Bruchsteinwänden ausgekleidet. Darüber lagen die Abdeckungen der Gräber aus Schieferplatten, die zusätzlich mit einer wasserdichten Schicht geschützt waren. Über den Abdeckungen wurde der übrige Teil der Ausschachtungen mit Erde angefüllt. Ursprünglich lag auch dieser Gräberkreis außerhalb der Palastanlage. Im Zuge einer Erweiterung der Burgmauer, in der neben den dort befindlichen Gräbern auch das Kultzentrum in den ummauerten Bereich eingegliedert wurde, nahm man Terrassierungen vor, schüttete das Gelände auf, setzte die über den Gräbern errichteten Grabsteine höher und legte den heute sichtbaren Steinplattenring an.
Die Goldmaske des Agamemnon: In den Gräbern des Gräberrundes A wurden besonders reiche Beigaben gefunden, die heute im Archäologischen Nationalmuseum in Athen ausgestellt sind. Zu besonderer Berühmtheit hat es dabei die von Heinrich Schliemann im Jahr 1876 gefundene Goldmaske gebracht. Nach Meinung Schliemanns soll es sich dabei um die Maske des sagenhaften Königs Agamemnon handeln. Heutigen Erkenntnissen nach kann es sich allerdings nicht um die Maske dieses Helden des Trojanischen Krieges handeln, da sie aus einer um etwa 300 Jahre früheren Ära stammt. ©Bild: Wikimedia Commons
MYKENISCHE THOLOS-GRÄBER
Im 16. Jahrhundert v. Chr. entstanden auf dem griechischen Festland - wahrscheinlich unter minoischem Einfluss – Tholosgräber (auch: Bienenstockgräber), deren Kragkuppeln in Umfang, Höhe und der perfekten Steinbearbeitung einzigartig sind. Sie wurden entweder in einen vorhandenen Hügel hineingebaut oder nach der Errichtung der Kuppel („falsches Gewölbe“) mit einem künstlichen Hügel (Tumulus) bedeckt. Charakteristisch für diese Grabform ist auch der lange Zugang (Dromos), der zum Eingangsbereich (Stomion) der eigentlichen Grabkammer führt.
Die stets runde Grabkammer wurde aus (manchmal behauenen) durch Kragsteine gestützten Steinblöcken erbaut, wobei die Steine in kreisförmigen Schichten verlegt wurden, deren Durchmesser nach oben kontinuierlich abnahm. Dadurch entstand die charakteristische bienenkorbartige Form. Das Foto zeigt die aus grob behauenen Kalksteinplatten errichtete Kuppel des Tholosgrabes von Tiryns.
Die riesigen Türstürze und die gewaltige Höhe der Tholoi geben Zeugnis ab von den beeindruckenden Leistungen der mykenischen Baumeister. So ist etwa der Eingangskorridor des Löwengrabes in Mykene 5,40 m hoch und 5 m lang. Seine Breite beträgt stolze 2,60 m. Die Decke bildeten vier monumentale Decksteine, von denen sich heute nur mehr drei an der vorgesehenen Stelle befinden.
Da man in einigen dieser mykenischen Tholos-Gräber reiche Grabbeigaben fand, erhielten sie schon bald die Bezeichnung „Schatzhäuser“, da man sie irrtümlich für die ehemaligen Schatzkammern der mythischen Könige aus den Erzählungen Homers hielt. Die berühmtesten dieser Gräber sind das von Heinrich Schliemann ausgegrabene Kuppelgrab von Orchomenos (das sog. „Schatzhaus des Minyas“) in Böotien und das sog. Schatzhaus des Atreus in Mykene. Beide waren mit kostbar verzierten Nebenkammern ausgestattet und hatten aufwändig geschmückte Fassaden.
Das Schatzhaus des Atreus (bzw. Grab des Agamemnon): Das von einem intakten Felshügel umgebene Tholosgrab wurde um 1250 v. Chr. errichtet. Dazu wurde ein Loch in den Hügel gegraben und eine ebene Fläche aus dem Fels gehauen. Anschließend baute man aus regelmäßigen Quadern die gewaltige Kuppel (Durchmesser: 14,50 m; Höhe: 13, 20 m), wobei die Steine übereinanderkragend geschichtet wurden. Die überstehenden Teile wurden dann sorgfältig abgeschlagen und die Wandflächen geglättet. An der Nordseite befindet sich eine niedrige Tür, die zu einer quadratischen Nebenkammer führt. Man betritt das Grab über einen 36 Meter langen, aus sorgfältig zugeschnittenen und zusammengefügten Steinen errichteten Dromos. Das ursprünglich reich geschmückte Eingangstor ist mehr als 5 Meter hoch und fast 3 Meter breit. Über dem Türsturz befindet sich ein Entlastungsdreieck, das früher mit Marmor verkleidet war. Der innere Teil des Türsturzes besteht aus einem riesigen Monolithen, der so behauen ist, dass er von innen der Krümmung der Kuppel folgt. Den Kuppelbau bedeckte man zunächst mit Felsbrocken und schließlich mit Erde. Nach der Beisetzung des Toten wurde das Tor verschlossen und der Dromos ebenfalls mit Erde aufgefüllt. Vermutlich blieb aber der obere Teil der Eingangsfassade sichtbar.
KAMMERGRÄBER
Die wohl am weitesten verbreitete Grabform ist jedoch das Kammergrab. Auf dem Festland wurde diese Art der Bestattung erstmals in der späthelladischen Phase (ca. 1600 – 1500 v. Chr.) praktiziert. Mit der Zeit entwickelte sich diese Grabform, die dann auch durchgehend bis zum Ende der mykenischen Zeit Verwendung fand, zur Standardform der mykenischen Bestattungspraxis. Wie auch die Kuppelgräber haben die Kammergräber Eintrittskorridore, an deren Ende sich die Eingänge zu den dahinterliegenden Grabkammern befinden.
Der Eintrittskorridor (Dromos) ist meist eng, kann mal länger oder kürzer sein, jedenfalls verjüngt er sich in den meisten Fällen konstant nach oben hin. Am Ende des Dromos befindet sich der Eingang (Stomion) des Grabes. Manche Stomia ähneln einer Tür, andere wiederum kann man eher als Durchgang oder Loch bezeichnen. Das hat aber oftmals damit zu tun, dass es im Laufe der Jahrtausende zu Beschädigungen aller Art gekommen ist.
Meist sind sowohl Dromos, Stomion und auch die eigentliche Grabkammer in einen anstehenden Fels gehauen. Deswegen sind solche Gräberfelder häufig an einem Hang angelegt worden.
Die in den Felsen eingetieften Grabkammern sind häufig unregelmäßig geschnitten, können aber auch rechteckige oder runde Formen annehmen. Zusätzlich können sie mit einen oder mehreren Nebenkammern oder Nischen ausgestattet sein. In manchen solcher Grabkammern findet man aus dem Fels herausgearbeitete Pfeiler oder Steinbänke.
Vereinzelt findet man auch Kammergräber mit Satteldächern. Viele dieser Gräber haben sehr lange, schmale und tief in den Boden eingeschnittene Zugänge.
Häufig findet man in Kammergräbern die Spuren mehrerer Bestattungen. Bei einer Beisetzung wurde der Verstorbene in die Grabkammer gelegt. Um ihn herum wurden die Beigaben wie Werkzeuge, Schmuck, Keramik, Waffen etc. platziert. Anschließend verschloss man die Kammer und schüttete den Dromos mit Erde zu. Beim nächsten Begräbnis wurde die Kammer wieder geöffnet, die Reste der vorherigen Bestattung in einer Grube deponiert und so Platz für den neuen Leichnam geschaffen.
Da die Kammergräber, die oft Teile von großen, ausgedehnten Nekropolen waren, für zahlreiche Bestattungen über einen langen Zeitraum ausgelegt waren, werden sie in der Forschung häufig als Familiengräber bezeichnet. Es scheint, als wären sie hauptsächlich für die städtische Bevölkerung der mykenischen Welt angelegt worden zu sein, obwohl man in einigen von ihnen äußerst wertvolle Funde machte.
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