Diese Bildungsreisen, die ich übrigens in Anlehnung an die Reisen, die junge adelige Herren und reiche Bürger früher unternommen haben, um in der Anschauung antiker Kunstwerke das Ideal des „Klassischen“ zu finden, „Kavalierstouren“ nenne, unterscheiden sich von den meisten „sightseeing trips“ und Studienreisen mit dem Schwerpunkt auf der Antike hauptsächlich darin, dass
- eine möglichst präzise Formulierung der Ziele, deretwegen man die Reise unternimmt, bereits unverzichtbarer Bestandteil der Planungsphase ist. Da naturgemäß dafür ein gewisses historisches Wissen Grundvoraussetzung ist, bedeutet dies, dass jeder Kavalierstour intensive Recherchearbeiten vorauszugehen haben.
- man sich während der Reise sorgfältig vorbereiteter Hilfsmittel (Rekonstruktions-zeichnungen, Pläne, Apps etc.) bedient und nur ganz gezielt die Dienste darauf spezialisierter Reisebüros bzw. sorgsam ausgewählter Tour-Guides (Skip the line –Tickets, Spezial-führungen ev. von Archäologen, Sonderöffnungszeiten etc.) in Anspruch nimmt. Auch für das mitunter lästige Fotografieren gilt, dass dabei auf die vorbereitete Liste der zu fotografierenden Motive Rücksicht zu nehmen ist.
- die auf der Reise gewonnenen Eindrücke in irgendeiner Form so zusammengefasst und für eine spätere Verwendung in eine entsprechende Form gebracht werden, dass man die Ergebnisse auch immer wieder gerne zur Hand nimmt (Fotobuch, Reisetagebuch, Blog-Einträge, für den persönlichen Gebrauch bestimmtes Lernskriptum etc.).
Die Unterschiede zu den von professionellen Dienstleistern angebotenen Studienreisen liegen auf der Hand: Wer sich auf eine Kavalierstour begibt, sucht selbst aus, was er sich wann ansieht, bereitet sich selbstständig auf den Besuch vor, benutzt seine selbst zusammengestellten Unterlagen, vergleicht, nimmt nur ganz gezielt die Hilfe von Fachleuten vor Ort in Anspruch oder verzichtet darauf, untersucht, dokumentiert, reflektiert und fasst die Ergebnisse in einer Form zusammen, die ihr/ihm am geeignetsten erscheint.
Die VorbereitungAm Beginn der Überlegungen, ob man überhaupt so eine Bildungsreise antreten möchte, sollte das primäre Interesse stehen, die Bilder im Kopf, die durch Schulunterricht, Lesen, Fernsehdokumentation entstandenen sind, an Ort und Stelle einem Realitätstest unterziehen zu wollen. Folgende Fragen sollten dann eine gewisse Rolle spielen:
- Was genau möchte ich sehen?
- Warum möchte ich dorthin?
- Was weiß ich jetzt schon darüber?
Sobald feststeht, dass sich die ausgewählten Ziele trefflich im Rahmen einer Reise (die sinnvoll erscheint und im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten auch realisierbar ist) unterbringen lassen, kann die Detailplanung in Angriff genommen werden:
- Welche Reisezeit erscheint am sinnvollsten?
- Welche Transportmittel soll ich wählen? (Flugzeug, Bahn, Auto, Leihauto etc.?)
- Wo buche ich am günstigsten?
- Falls ein Hotel notwendig ist, welche Rolle spielt der Standort? (Entfernung zu den zu besichtigenden Orten – was ist im Endeffekt am kostengünstigsten?)
- Wenn ich die Wettervorhersage mitberücksichtigen will, wie kurzfristig kann ich den Sack zumachen?
- Welche Ziele benötigen eine Vorlaufzeit bei der Buchung der Tickets? (z.B. Domus Aurea in Rom: Ticketoffice bei coopculture oder bei Get Your Guide?)
- Sollte man besser Kombitickets buchen? Bei welchem Anbieter?
Ich persönlich habe sehr gute Erfahrungen damit gemacht, mir die Standorte (mit allen relevanten Informationen – Öffnungszeiten, Ticketpreise, Voranmeldungen etc.) bei Google Maps anzusehen und mir jeweils den entsprechenden Ausschnitt samt den zugehörigen Informationen auszudrucken. (Natürlich geht das auch am Handy.) Gegebenenfalls drucke ich mir auch Übersichtspläne aus, aus denen leicht abzulesen ist, wo sich etwa die einzelnen Objekte in einer Ausgrabungsstätte befinden. Dann besorge ich mir - wo immer das möglich ist - Bücher mit Rekonstruktionszeichnungen oder lade mir die entsprechenden Videos auf das Handy. (Schauen Sie z.B mal bei Archeolibri oder bei Vision Past & Present vorbei.)
Die Durchführung
Hat man einmal die Reise angetreten, ist man weitgehend auf sich alleine gestellt. Da kann man mal mehr oder weniger Glück haben. Wichtig ist nur, dass man so diszipliniert wie möglich fotografiert bzw. dokumentiert und sich den Lesestoff, der nur vor Ort erhältlich ist, besorgt. Sobald man wieder zu Hause ist, wird man sehr froh darüber sein.
Die Nachbereitung
Auf jeden Fall sollten Sie die Eindrücke, die Sie während Ihrer Kavalierstour gemacht haben, möglichst rasch nach Ihrer Heimkehr in einer Form festhalten, die Ihnen am besten zusagt. Für den einen wird das ein Fotobuch sein, in dem der schriftliche Teil nicht zu kurz gerät. Ein anderer wiederum erweitert das vor der Reise begonnene nur für den persönlichen Gebrauch bestimmte Lernskriptum mit den neuen Inputs. So eine Sammlung von schön gelayouteten Skripten mit möglichst vielen selbst gemachten Fotos hat schon etwas für sich.