Die Thermen verdanken ihren Namen wahrscheinlich der kleinen etruskisch-römischen Siedlung Aquae Tauri, die sich in der Nähe des Hügels befand, auf dem das heilkräftige Schwefelwasser entsprang. Es gibt aber auch eine Legende über den Namen, die auf den römischen Dichter Rutilius Namantianus zurückgeht, der das Bad im Jahr 416 n. Chr. besuchte. Demnach soll ein Gott in Gestalt eines Stieres (lat. Taurus), der mit dem Huf auf den Boden stampfte, die Quelle freigelegt haben. Daher der Name Tauri Thermae.
„Dort sind die Brunnen nicht durch einen brackigen Geschmack verdorben, noch ist das Wasser gefärbt und heiß von rauchendem Schwefel: Der reine Geruch und der feine Geschmack lassen den Badenden zögern, für welchen Zweck das Wasser besser verwendet werden sollte.“
Rutilius Namantianus in: "De reditu suo" (417 n. Chr.)
Die Etrusker waren die ersten, die das Wasser zu schätzen wussten. Die von ihnen errichtete eher einfach gestalteten Badeanlage wurde um das Jahr 80 v. Chr. großzügig von den Römern ausgebaut. Diese Thermen verfügten über etliche Räume, die einen Peristylgarten mit achteckigen Säulen umgaben. Das Herzstück der Anlage war das Caldarium, das ungewöhnlicherweise durch zwei Reihen von Travertinsäulen geteilt war, mit einem großen Warmwasserbecken in der Mitte und drei kleinen Wannen an den Seiten zwischen den Säulen. Das große Becken wurde mit heißem Schwefelwasser aus der Quelle gespeist. Überschüssiges Wasser floss aus dem Becken in die Wannen. Auf diese Weise wurde der Wasserstand konstant gehalten.
Während der Herrschaft des Nero wurde die Anlage erstmals restauriert. Als man dann unter Kaiser Trajan zwischen 104 und 110 n. Chr. in der Nähe einen Hafen und den Ort Centumcellae errichtete, wurde die Anlage aus republikanischer Zeit großzügig erweitert. Das neuerrichtete Caldarium maß stolze 23 x 9 Meter. Ein großes Schwimmbecken, in das mit Hilfe eines ausgeklügelten Rohrsystems das heiße Thermalwasser floss, nahm den größten Teil des Raumes ein. Das Becken und die Wände des riesigen Raumes waren mit weißen Marmorplatten verkleidet, eine Reihe quadratischer und halbrunder Nischen ließen die Struktur leichter erscheinen. Der Komplex verfügte auch über zahlreiche andere Einrichtungen, wie Räume für kulturelle Aktivitäten und für allerlei Dienstleistungen. Zwischen dem Thermalbereich auf der Nordseite und den Räumen auf der Südseite befand sich etwa eine Bibliothek.
Zu jener Zeit gab es einen bemerkenswerten Zustrom von Menschen, entweder aus Rom oder aus anderen Regionen bedingt durch die Anwesenheit des Hafens von Centumcellae (Civitavecchia) und der benachbarten Villa, die sich Kaiser Trajan errichten hat lassen. In der Spätantike wurden die Bäder weiterhin genutzt, wenngleich möglicherweise in verkleinerter Form und mit minimaler Wartung. Zur Zeit des Gotenkrieges zwischen den Goten und dem Oströmischen Reich (535 – 554 n. Chr.) wurden sie schließlich aufgegeben.
Die Bäder aus der republikanischen Zeit
Rund um einen rechteckigen Hof (Peristylium), der auf allen Seiten von achteckigen Säulen umgeben war, gruppierten sich eine Reihe von Räumen.
Das Peristyl
An der Westseite befanden sich einige kleine mit Mosaikfußböden ausgestattete Räume, in denen man sich ausruhen oder massieren lassen konnte.
Die kleinen Ruheräume (cubicula diurna)
Nördlich der kleinen Ruheräume gab es einen Raum, der mit einer großen halbrunden Apsis abschloss. In diesem als Exedra bezeichneten Zimmer standen Stühle, auf denen sich die Badegäste ausruhen konnten. Durch einen kleinen Korridor gelangte man in einen weiteren halbrunden Raum, der von den Ausgräbern „kleine Exedra“ genannt wurde.
Die große Exedra
In direktem Anschluss befand sich das runde Laconicum oder Sudatorium, ein Schwitzbad. Es handelt sich hierbei vermutlich um den ältesten noch existierenden Raum der Tauriner Therme, dessen Ursprünge in das zweite Jh. v. Chr. zurückreichen. Die Wände dieses Laconicums wurden mit kleinen, unregelmäßigen Steinen (opus incertum) errichtet. In der Mitte des Raumes befand sich ursprünglich eine freistehende Wanne, in der hochtemperiertes Thermalwasser floss. An den Wänden war eine mit Travertinplatten bedeckte Bank angebracht, sodass die Menschen nach dem Eintauchen in das heiße Wasser Platz nehmen konnten.
In der Zeit Hadrians wurde die Wanne mit Steinen aufgefüllt und der Raum, der mutmaßlich mit einer Kuppel bedeckt war, als Sudatorium genutzt. Zu diesem Zweck wurden kleine Ziegelsäulen auf dem Boden positioniert, welche einen Marmorboden, der noch heute teilweise sichtbar ist, tragen sollten. In dem zwischen den Säulen entstandenen Hohlraum unter dem Marmorboden konnte heiße Luft zirkulieren, welche aus dem angrenzenden Heizraum (Praefurnium) kam.
Das Laconicum
Der Schwitzraum war über einen kleinen Gang mit einer Latrine verbunden. Von dort aus ging es weiter zum Apodyterium, also dem Umkleideraum, in dem auch mehrere kleine Wannen zum Waschen der Füße aufgestellt waren. Nach dem Apodyterium gelangte man in das erste größere Bad, das Halbwarmwasserbad (Tepidarium).
Das Tepidarium
Durch einen Durchgang in der mit Marmor verkleideten Wand gelangte man dann schließlich in das Warmwasserbad (Caldarium), das vor allem wegen seiner Basilikaform besonders interessant ist. Es wurde fast vollständig von einem großen Becken, an das sich drei kleinere Becken anschlossen, eingenommen. Da das überlaufende Thermalwasser in den kleineren Becken gesammelt wurde, blieb das Wasser im zentralen Bad auf einem konstanten Niveau.
Das Caldarium, in dem zum Zeitpunkt meines Besuchers im Jahr 2024 Archäologen arbeiteten.
Die Bäder aus der Kaiserzeit
Die angrenzenden Bäder, die zu Beginn des 2. Jhs. n. Chr. nördlich der Anlage aus republikanischer Zeit gebaut wurden, waren noch größer. Die Zahl der bereits vorhandenen Räume wurde sogar verdoppelt. Der neue Komplex war über eine kurze Treppe zu erreichen, von der aus ein Gang mit Fenstern in eine Eingangshalle führte. Von der Umkleidekabine führten mehrere Gänge und Räume zum Caldarium, dem größten und repräsentativsten Raum des ganzen Komplexes.
Das Caldarium
Das Caldarium, das 23 x 9 Meter groß ist, war von einem mit Stuck verzierten und in Felder unterteilten Kreuzgewölbe überdacht. Ein großes Schwimmbecken nahm den größten Teil des Raumes ein. Die Wände, wie auch die Wanne, waren mit Marmorplatten verkleidet. Quadratische und halbrunde Nischen verliehen dem Raum eine leichte und einladende Atmosphäre. Die Fenster in den Nischen waren mit Glas ausgestattet und ließen das Sonnenlicht herein. Ein ausgeklügeltes Rohrleitungssystem versorgte das Becken mit dem heißen Thermalwasser.
Zwischen Caldarium und Frigidarium befand sich das Tepidarium, ein kühleres Bad, das den Körper auf ein erfrischendes Bad im kalten Wasser des Frigidariums vorbereitete. Das Wasser des Tepidariums war kein Thermalwasser, sondern wurde direkt aus einer Zisterne entnommen.
Das Tepidarium
In diesem Raum gab es eine großes quadratisches Wasserbecken, das von zwei Nischen, in denen sich Statuen befanden, eingerahmt war.
Eine halbrunde Nische mit einem Wasserreservoir diente als Dusche.
Die Umkleideräume boten auch Zugang zu einem besonderen Raum, der sowohl durch Sonnenlicht als auch durch ein Fußbodenheizungssystem beheizt werden konnte, in dem heiße Luft durch zwei Öfen erzeugt wurde. Dies war der so genannte Heliocaminus, in dem auch warmer Sand zum Schwitzen verwendet wurde. Direkt über dem Heliocaminus, am südwestlichen Ende, befand sich wahrscheinlich ein Solarium. In weiteren Räumen konnte man gegen eine zusätzliche Gebühr Massagen und andere Behandlungen durch Fachpersonal genießen.
Das Kaltwasserbecken befand sich im Freien. An der Westseite ist noch etwas von der weißen Marmorverkleidung erhalten.
Das Kaltwasserbecken im Freien
Neben dem Thermalwasser, das aus dem Untergrund aufstieg, wurde die Wasserversorgung durch mehrere kleine Wasserläufe organisiert. Die wurden über ein Aquädukt in eine Zisterne in der Nähe der Bäder zusammengeführt.
Das Wasserversorgungssystem
Südlich der eigentlichen Baderäume befanden sich weitere Räumlichkeiten und Einrichtungen, darunter auch eine Bibliothek. Marmorsäulen trennten Nischen in den Wänden, die als Regale für die Schriftrollen und Papiere der Bibliothek dienten. Zwei Seitenräume wurden mutmaßlich als Lesezimmer genutzt.
Die Bibliothek
Der Zugang zur Bibliothek sowie zu den angrenzenden Räumen erfolgte über einen aus Säulen und Pfeilern gebildeten Arkadengang, der teilweise noch erkennbar ist. Von diesem Bogengang aus konnte man über eine Treppe zu einem Kryptoportikus hinabsteigen, der vielleicht für Innenspaziergänge gedacht war.
Der Kryptoportikus
Über dem Kryptoportikus befanden sich um einen zentralen Korridor herum kleine Räume, die wahrscheinlich als Hospitalium (Herberge) dienten, in dem die Gäste der Thermen übernachten konnten.
Suchbegriff bei Google Maps:
Terme Taurine o di Traiano