Die von Kaiser Trajan gegründete und nach ihm benannte Colonia Ulpia Traiana stellt einen Sonderfall unter den antiken Orten nördlich der Alpen dar. Das Areal, auf dem sich die Überreste dieser bedeutenden römischen Siedlung befinden, ist nämlich nach deren Zerstörung in späteren Epochen nicht wieder bebaut worden. Zwar ist oberirdisch von den ehemals beeindruckenden Bauten nichts übrig geblieben, da die verfallende Colonia seit dem Mittelalter als Steinbruch gedient hat. Aber die Archäologen können dennoch mit Hilfe moderner Methoden dem Boden viele Informationen darüber entlocken, wie die ehemals drittgrößte römische Stadt nördlich der Alpen ausgesehen hat und wie ihre Bewohner gelebt, gearbeitet und sich in den Badeanlagen und in der Arena vergnügt haben.
Im Jahr 1977 wurde auf dem Gelände ein Archäologischer Park eröffnet, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die antike Stadt so weit wie möglich wieder sichtbar zu machen. Zu diesem Zweck wurden einige Gebäude und Teile der Stadtmauer maßstabsgetreu rekonstruiert, das damalige schachbrettartige Straßennetz mit Kieswegen und Alleen erkennbar gemacht und die noch nicht ausgegrabenen Insulae mit Rasen bepflanzt. Die Rekonstruktionen sind an den Standorten ihrer verlorenen Vorgängerbauten errichtet. Sie wurden zum großen Teil mit Materialien ausgeführt, die auch für die antiken Bauten nachgewiesen sind. Das Wissen darüber basiert auf den Ergebnissen der Ausgrabungen, die auch über Materialien und Bautechnik Auskunft geben. Oft gibt die Rekonstruktion nur einen Teil eines Gebäudes wieder, die eigentliche Vorstellung vom Bau soll in den Köpfen der Betrachter entstehen. Die Teilrekonstruktionen haben zudem den Vorteil, dass man so besser Einblicke in die Bautechnik erhält.
Herzstück des Archäologischen Parks ist das RömerMuseum. Dieses preisgekrönte Gebäude wurde über den Fundamenten der Basilika Thermarum errichtet und ergänzt den Thermenschutzbau, der über den eigentlichen Baderäumen errichtet wurde. © Bild: Das LVR-RömerMuseum und die Großen Thermen: Foto: Axel Thünker DGPh. LVR-Archäologischer Park Xanten Im Zuge der Errichtung des Freilichtmuseums wollte man auch die Badeanlage wieder sichtbar und erlebbar machen. Nach Abschluss der Grabungsarbeiten wurde ein bemerkenswerter Schutzbau aus Stahl und Glas errichtet, der nun die Reste der mehr als 11.500 m² großen Anlage überdeckt. Der Bau wurde so gestaltet, dass er die Konstruktionselemente und Größendimensionen des antiken Baus wiedergibt.
Die Stadtmauer ist an der östlichen Seite dem Verlauf des Rheinarms angepasst, sonst ist sie aber regelmäßig rechteckig. Die über sechs Meter hohe Mauer war 3,4 km lang, umfasste ein Areal von 73 Hektar, hatte 22 Türme jeweils an den Enden der Straßen und drei repräsentative Tore.
Rekonstruktion der Stadtmauer an der Südostecke
An der langen, ehemals am Wasser gelegenen Ostseite, ist der Verlauf der Stadtmauer lediglich durch eine Heckenbepflanzung markiert.
Das rekonstruierte Hafentor
Von den Stadttoren ist bisher erst das nördliche, das sog. Burginatiumtor, erforscht und rekonstruiert. Es handelt sich um einen mächtigen, von zwei Türmen flankierten Torbau mit zwei gleich großen Durchfahrten, dessen Grundriss dem der Porta Nigra in Trier ähnlich ist.
Die Winden für die schweren Fallgitter
Von der offenen Plattform des Nordtors hat man einen schönen Ausblick über das gesamte Gelände.
Wegen seiner beträchtlichen Höhe von ca. 27 m war der Hafentempel schon von weitem sichtbar. Bis jetzt ist nicht klar, welcher Gottheit er geweiht war.
Der Hafentempel lag direkt an der nördlichen Stadtmauer der Colonia Ulpia Traiana. Es handelt sich dabei um einen klassischen Podiumstempel, bei dem der Kultraum (Cella) mit einer umlaufenden Säulenreihe umgeben war. © Bild:Franck devedjian Wikimedia Commons
Der Tempel wurde auf einem drei Meter hohen Podium teilweise rekonstruiert. Die Rekonstruktion dient dabei als Schutzbau für die im Original erhaltenen Befunde.
Da der Tempel nur in ausgewählten Teilen rekonstruiert worden ist, wird dem Besucher genügend Raum für Phantasie gelassen. Wichtig dabei ist, sich immer vor Augen zu führen, dass es sich dabei nicht um eine Ruine, sondern um einen Rekonstruktionsbau handelt.
Auch das Amphitheater wurde nur zum Teil rekonstruiert. Ein Viertel des Zuschauerrundes wurde in voller Höhe errichtet. © Bild: Wikimedia Commons
Reisende, die mit dem Schiff ankamen, konnten sich in der unweit des Hafens gelegenen Herberge von den Strapazen der Reise erholen. Das dreiflügelige, fast 80 m lange Gebäude bestand von ca. 120 bis 270/80 n. Chr. ohne wesentliche Umbauten. Zur Hofseite hin war dem Gebäude ein doppelstöckiger Säulengang vorgelagert.
Die Wohn- und Schlafzimmer waren für mehrere Personen angelegt und maßen zwischen
12 – 16 m², die größeren bis zu 60 m².
Im Westen schloss sich der Herberge eine Badeanlage an, die den Hausgästen zur Verfügung stand. Das Caldarium und das mäßig warme Tepidarium waren mit einer kombinierten Fußboden- und Wandheizung ausgestattet. Die dazu notwendige Anlage wurde so rekonstruiert, dass sie versuchsweise wie in der Antike befeuert werden kann.
Über den Fundamenten ihrer antiken Vorbilder wurden drei Handwerkerhäuser in Lehmbauweise mit ihren Werkstätten und Wohnräumen entsprechend der archäologischen Forschung errichtet.
Die Häuser, in denen Handwerker und ihre Familien lebten, hatten eine gemeinsame Front zur Straße. In den dahinterliegenden Höfen befanden sich kleinere Nebengebäude.
Rekonstruktion eines Wohnraumes im oberen Stockwerk eines Handwerkerhauses
Antike Webtechniken werden vorgestellt und bei speziellen Anlässen wird auch die Verwendung der damals üblichen Webstühle demonstriert.
Im mittleren der drei Handwerkerhäuser wurde bewusst ein Teil offen gelassen, um einen Blick auf die ausgegrabenen Fundamente werfen zu können. Der Weg von der Ausgrabung zur Rekonstruktion kann so leicht nachvollzogen werden.
An einer nicht verputzten Lehmwand erkennt man, wie diese errichtet wurden: Der fast trockene Lehm wurde in einen hölzernen Schalungskasten eingefüllt und anschließend verdichtet. Entfernte man dann die Holzbalken, die den Schalungskasten fixierten, blieben Löcher in der Wand zurück.
Beim Lapidarium („Steinsaal“), in dem Zeugnisse römischer Architektur ausgestellt sind, wird anhand anschaulicher Modelle das Thema Baustoffe und Bautechnik thematisiert.
Im Themenpavillon „Reise & Verkehr“ sind drei fahrtüchtige Nachbauten römischer Kutschen und Wagen zu sehen.
Die Schiffbauer im Archäologischen Park Xanten haben bis jetzt schon einen Lastensegler aus dem späten 3. Jh., ein Plattbodenschiff und zwei Einbäume gebaut und diese auch einem Praxistest unterzogen. Zurzeit wird an dem Nachbau einer spätrömischen Lusorie gearbeitet.