Als man ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann, die zahlreich vorhandenen Bau- und Bodendenkmäler auf der Basis einer systematischen Feldforschung zu erfassen und zu inventarisieren, versuchte man auch an einigen Stellen die verfallenen und zerstörten Relikte aus längst vergangenen Zeiten auf der Basis wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse zu rekonstruieren. Ein wichtiger Meilenstein auf diesem Weg war der Wiederaufbau des römischen Limeskastells Saalburg zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Obwohl schon früher in und um das Kohortenkastell Ausgrabungen stattgefunden hatten, war doch der Umstand, dass dieses Unternehmen Gefallen in den Augen Seiner Majestät des Kaisers gefunden hatte, letztlich ausschlaggebend dafür, dass erstmals ein ganzes Kastell rekonstruiert werden konnte. Allerdings bleibt anzumerken, dass dieser Bau nicht nur aus antiker, sondern auch aus wilheminischer Zeit heraus zu verstehen ist.
Reconstruction drawing of Saalburg Roman Fort:
von Carole Raddato. ©Bild: Wikimedia Commons Rund hundert Jahre später wurde dann die Saalburg zu einem Archäologischen Park umgebaut. Im Zuge der damit verbundenen Maßnahmen wurde die historische Bausubstanz saniert und auch einige Neubauten errichtet, die die aktuellen Forschungsergebnisse wiederspiegeln. Mit dem Praetorium, in dem die Verwaltung und ein Forschungsinstitut untergebracht sind, der Fabrica, die 2009 nach den Vorbildern römischer Fabricae rekonstruiert wurde, und auch den beiden Streifenhäusern, die als Museumsshop und Kassenhaus dienen, konnten neue Akzente gesetzt werden.
Zweifelsohne ist es ein Erlebnis, sich in einem römischen Militärlager, das samt seiner Außenmauer, Wehrgang, vier Toren und zahlreichen innenliegenden Gebäuden komplett wiederaufgebaut worden ist, frei bewegen zu können. Zu besichtigen sind u. a. das Horreum (Getreidespeicher), in dem sich eine Ausstellung mit zahlreichen Funden der Kastelle und des Limes im Taunus befindet, das Praetorium (Wohnhaus des Kommandanten), die Principia (Kommandatur) mit großer Appellhalle, Innenhof, den an allen vier Seiten ein offener Umgang (Porticus) umgab, Schreibstube, Amtsräumen und Waffenlager, die Fabrica (Werkhalle) mit rekonstruierten Werkstätten und Garküche, und zwei Mannschaftsbaracken (Centuriae), wo man sich einen Eindruck von der Enge eines Mannschaftsquartiers (Contubernium) für 8 Personen und den Lebensbedingungen der Soldaten machen kann. In einem dieser Gebäude befindet sich auch eine Taberna, in der man in dem nach Vorbildern aus Pompeji eingerichteten Gastraum antike römische Gerichte genießen kann.
Der 2,4 km lange „Rundweg Saalburg“ lädt zur Besichtigung weiterer archäologischer Denkmäler und Rekonstruktionen im Umfeld des Kastells ein: das Lagerdorf (Vicus) und die Streifenhäuser , römische Kleinkastelle, die wilheminischen Versuchsschanzen, ein römisches Dorfhaus, eine rekonstruierte Jupitersäule und ein Mithrasheiligtum.
Das Kastell war mit einer fast 5 m hohen Steinmauer umgeben, die in römischer Zeit vollständig verputzt war. Auf dem weißen Verputz waren mit rotem Fugenstrich Quader aufgemalt, um ein massives Mauerwerk aus behauenen Steinen vorzutäuschen. Die Zinnen auf der Mauer standen übrigens damals weiter auseinander. © Wikimedia Commons.
Auf der Innenseite der Umfassungsmauer befand sich eine aufgeschüttete Erdrampe. So konnte überall ein direkter Zugang zur Mauerkrone gewährleistet werden.
Der V-förmige Querschnitt der Spitzgräben, die nie mit Wasser gefüllt waren, ist typisch für römische Verteidigungsgräben.
© Wikimedia Commons.
Eine Bronzestatue des Kaisers Antoninus Pius, ein römischen Vorbildern nachempfundenes Werk aus dem Jahr 1901, begrüßt die Besucher.
Die auf der Südseite gelegene Porta Praetoria (Haupttor) verfügte über eine doppelte, durch einen Mittelpfeiler unterteilte Durchfahrt. Die seitlichen viereckigen Türme waren in römischer Zeit jedoch um ein Stockwerk höher. Der Wehrgang über den Toren war vermutlich überdacht.
Die Via Praetoria führt von der Porta Praetoria direkt zu Kommandatur (Principia). Im vorderen Kastellbereich (Praetentura) befanden sich das Wohngebäude des Kommandanten (Praetorium) und ein großes Speichergebäude (Horreum).
Die Seitentore zeigen verschiedene Möglichkeiten, wie solche Toranlagen ausgesehen haben könnten.
Beim Horreum (Getreidespeicher) handelt es sich eigentlich um zwei Gebäude, die durch ein gemeinsames Dach vereinigt sind. Hier sind heute die Ausgrabungsfunde auf der Saalburg und in anderen Kastellen am Limes ausgestellt. © Wikimedia Commons.
Die in der Dauerausstellung gezeigten Exponate sind nach verschiedenen Lebensbereichen geordnet: Waffen, Ausrüsteung, Kleidung, Schmuck, Medizin, Körperpflege, Verpflegung, Geldwesen, Religion u.a.
Man betrat die Principia von der Via Principalis kommend durch eine große Halle (Basilika), die der gesamten Truppe als repräsentativer Versammlungsort diente. Die beiden seitlichen Tore führten zu der Porta Principalis Dextra bzw. Sinistra, das Tor an der rechten Stirnseite zur Porta Praetoria. Das Tor auf der linken Stirnseite führte zum Innenhof der Principia.
Von der Basilika gelangt man in den großen Innenhof, den ein offener Umgang (Porticus) umgab. Im südlichen Teil befinden sich zwei Brunnen.
Hinter dem Porticus schloss ursprünglich eine gedeckte Halle an, nicht wie heute ein gepflasteter Hof.
Anhand von archäologischen Funden und Befunden wurde eine römische Küche nachgebildet. © Wikimedia Commons.
Im Jahr 1912 wurden zwei Mannschaftsbaracken (Centuriae) in Holzbauweise errichtet. Nach neueren Erkenntnissen müssten sie aber erheblich größer und auch in nord-südlicher Richtung gedreht sein. © Wikimedia Commons.
Den restlichen Kastellbereich muss man sich dicht mit Werkstätten, Ställen und Mannschaftsunterkünften bebaut vorstellen.