Die im baden-württembergischen Landkreis Sigmaringen am Oberlauf der Donau gelegene Höhensiedlung Heuneburg hatte bereits in der Bronzezeit eine überregionale Bedeutung als befestigtes Siedlungszentrum erlangt. Nach einer besiedelungsfreien Phase von etwa 500 Jahren wurde dann zu Beginn der Späthallstattzeit das strategisch günstig auf einem Sporn gelegene, etwa zwei Hektar große Bergplateau erneut besiedelt und befestigt.
Der keltische Fürstensitz an der oberen Donau wurde
um 600 v. Chr. völlig neu strukturiert: Innerhalb einer neuartigen, nach mediterranem Vorbild errichteten Befestigungsanlage entstand eine regelrechte städtische Bebauung mit zahlreichen Werkstätten, Wohn- und Speicherbauten. Außerhalb des Burgplateaus befand sich ein mit Wall- und Grabenanlagen gesichertes Vorburgareal, das – vor allem in der Spätphase – ebenfalls dicht besiedelt war. Zu der Burganlage gehörten noch bis zu 100 Hektar große Außensiedlungen, die gleichfalls befestigt waren. In der Zeit
um 530 v. Chr. veränderte sich dann aber das Aussehen der stadtähnlichen Siedlung. Nach einem verheerenden Brand, dem neben den Wohnbauten auch die Lehmziegelmauer zum Opfer gefallen waren, kehrte man wieder zur traditionellen Holz-Erde-Mauer zurück. Auch die Innenbebauung des Burgberges veränderte sich. Anstelle der zeilenartig angeordneten Häuser der Lehmziegelphase zeigt sich jetzt eine lockere, vielseitige Bebauung mit einzelnen Hofstellen mit Wohn- und Wirtschaftsbauten, die durch Zäune voneinander abgegrenzt waren. Außerdem wurden Repräsentationsbauten von gewaltigen Ausmaßen („Herrenhäuser“) errichtet. Video : ©
Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart
Die Phase der Lehmziegelmauer
Um 620 v. Chr. begann die Blütezeit der Heuneburg. In der Siedlung, bei der es sich wahrscheinlich um ein Machtzentrum eines großen keltischen Stammesverbundes im Bereich der oberen Donau handelte, lebten mehrere tausend Einwohner, eine spektakuläre Zahl, wenn man bedenkt, dass zu der Zeit in Athen oder Sparta auch nicht mehr Menschen lebten. In dem prosperierenden keltischen Fürstensitz verkehrten Händler und Kaufleute aus Italien und Griechenland. So wurde etwa Wein aus Südfrankreich und sogar aus Süditalien importiert. Die Bewohner der (in der damaligen Zeit) größten Stadt nördlich der Alpen hatten also erwiesenermaßen weitreichende Kontakte mit den Kulturen des Mittelmeerraums. Dieser Umstand spricht neben etlichen anderen Faktoren doch dafür, dass die Heuneburg mit der von Herodot, dem „Vater der Geschichtsschreibung“, erwähnten Stadt Pyrene identisch ist.
„Der Istros
(gr. Donau) entspringt bei den Kelten und der Stadt Pyrene und strömt mitten durch Europa hindurch.“
Herodot von Halikarnassos (Historien II,33)
An der Westseite des Burghügels besaß die Lehmziegelmauer etwa 17 vorspringende, bastionsartige Türme mit Grundflächen zwischen 29m2 und 55 m2. Die Türme, die ziemlich eng beieinander lagen, waren ebenfalls aus Lehmziegeln aufgemauert und hatten auch Steinsockeln. Vermutlich waren sie zweigeschossig, wobei die Erdgeschoße fensterlos gewesen sein dürften. Bild: Westfassade z.Zt. der Lehmziegelmauer (Rekonstruktion) ©
Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/Grafik: Faber Courtial.
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Von den Türmen aus konnte man in das Innere des Burgberges gelangen. (Wahrscheinlich bildete einer der Türme der Westfassade das Haupttor.) An der Ostseite der Lehmziegelmauer befand sich ein weiterer Durchlass. Dieses sog. Donautor bestand aus aus zwei aneinander vorbeiführenden Mauerzügen, die eine etwa 3 m breite Torgasse bildeten. Dort konnte ein Fahrweg mit Spurrinnen nachgewiesen werden. Bilder: Osttor (Rekonstruktion) ©
Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/Grafik: Faber Courtial, LepoRello: Freilichtmuseum Heuneburg (Rekonstruktion: Donautor) ©
Wikimedia Commons
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Die rekonstruierte Lehmziegelmauer
Zur Zeit der Lehmziegelmauer entstand auf dem Burgberg der Heuneburg eine regelrecht städtische Bebauung mit in Reihen angeordneten, relativ kleinen Häusern, die zum Teil als Werkstätten dienten. Die als Pfosten-, Block- oder Schwellriegelbauten errichteten Häuser reichten bis unmittelbar an die Festungsmauer heran. Hinweise darauf, dass es zu dieser Zeit auf dem Burgberg auch „Palastbauten“ gab, fehlen jedoch. Bild: "Handwerkerviertel" in der Südostecke des Burgplateaus (Rekonstruktion) ©
Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/Grafik: Faber Courtial.
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Auf dem gesamten Plateau befanden sich zahlreiche kleine Speicher. Dabei handelte es sich zumeist um Pfostenspeicherbauten mit einer erhöhten Plattform. Damit wollte man es offensichtlich den Nagetieren nicht so leicht machen, an die dort gelagerten Vorräte heranzukommen.
In die Vorburg und auf das Plateau gelangte man durch ein monumentales Steintor von mindestens 16 m Länge und 10 m Breite. Die Form der repräsentativen Toranlage, die zu der Zeit im gesamten Raum nördlich der Alpen einzigartig war, erinnert an die Kammertore, die wir aus dem Mittelmeerraum kennen. Das in den Wall integrierte Torgebäude, das – wie auch die Lehmziegelmauer auf dem Plateau – einen Steinsockel und einen Aufbau aus Lehmziegeln besaß, war offensichtlich darauf angelegt, eine möglichst monumentale Außenwirkung zu erzielen. Bild: Steintor (Rekonstruktion) ©
Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart/Grafik: Faber Courtial.
Die Herrenhausphase
Um 530 v. Chr. ging die stadtartige Siedlung in Flammen auf und brannte fast vollständig nieder. Auch die Außensiedlungen dürften davon betroffen gewesen sein. Nach diesem für die Besiedelungsgeschichte so bedeutsamen Ereignis erfuhr das Burgplateau einige architektonische Veränderungen.
An die Stelle der vormals in Zeilen angeordneten Häuser trat nun eine lockere Verbauung des Areals mit einzelnen Wohn-, Wirtschafts- und Speicherbauten, die durch Zäune voneinander abgegrenzt waren. Außerdem wurden auf dem Plateau sog. „Herrenhäuser“, errichtet, deren genaue Funktion aber bis heute noch nicht geklärt ist. Denkbar wäre etwa, dass diese Großbauten der herrschaftlichen Führungsschicht als Repräsentationsbauten dienten.
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Die Rekonstruktion des Herrenhauses basiert auf den Ergebnissen der Ausgrabungen. Das Gebäude von mehr als 24 m Länge und 14 m Breite, das sich ursprünglich an der Stelle befunden hatte, war in Ständerbauweise errichtet worden. Die Wände bestanden aus mit Lehm verstrichenem Rutengeflecht. Ein Kalkverputz schützte die Konstruktion vor Regen und Schnee. Es ist ziemlich wahrscheinlich, dass das Dach - wie hier realisiert - in Giebelbauweise gefertigt und mit Schilf gedeckt war. Innerhalb des Hauses konnten eine Herdstelle und die Überreste eines kuppelförmigen Doppelbackofens nachgewiesen werden.
Die Besiedelung auf dem Burgberg und im Bereich der Vorburg kam im Verlauf der ersten Hälfte oder um die Mitte des 5. Jahrhunderts v. Chr. zum Erliegen. Die Gründe dafür sind noch nicht bekannt.
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