Von etwa 85 n. Chr. bis zum Bau des obergermanisch-rätischen Limes an der Nordgrenze der Provinz Raetia um 160 n. Chr. war die Ala Secunda Flavia pia fidelis milliaria, ein 1000 Mann starkes Reiterregiment, im Kastell Heidenheim stationiert. Nach Aufgabe des Alblimes, der bis dahin die Grenze des Römischen Reiches markierte, wurde die Einheit in das Gebiet der heutigen, rund 30 km entfernten Stadt Aalen vorverlegt. Zur Unterbringung dieser starken und ranghohen Einheit baute man auf einem nach Nordosten geneigten Hang mit guten Rundumblick in die Umgebung ein großes Kastell. Das ummauerte, 277 x 214 m große Militärlager war von einer 6 m hohen Wehrmauer mit Ecktürmen, 12 Zwischentürmen sowie mehreren Kastellgräben umgeben. Die vier doppelspurig ausgelegten Lagertore waren jeweils von Tortürmen flankiert. Innerhalb der Befestigungsmauern befanden sich das zentrale Stabsgebäude (principia), ein Wohnhaus des Kommandanten (praetorium), mehrere Magazin- und Wirtschaftsbauten, Gebäude, die als ein Lazarett oder eine Werkstatt (fabrica) interpretiert werden können, und 12 große Doppelbaracken für die Soldaten und deren Pferde. Wegen der Hanglage mussten die meisten Bauten auf mehreren Ebenen mit abgestuften Dächern gebaut werden.
Fotomontage: Maskenhelm aus dem Limesmuseum Aalen, rekonstruierter Holzturm, der in der Nähe des nachgewiesenen Wachtpostens 14/48 steht: Römererlebnispfad Burgsalach
Der Limes zwischen Rhein und Donau , eine künstlich über Land gezogene Kontrollline, an der Rom am Rande seines Reiches den Personen- und Warenverkehr zwischen dem Imperium und den germanischen Stammesverbänden kontrollierte, wurde in verschiedenen Ausbaustufen in der Zeit zwischen 100 und 160 n. Chr. errichtet. Etwa 120 größere und kleinere Militärlager und rund 900 Wachtürme reihten sich entlang dieser durchgehenden Grenzsperre, die als Erdwall, Graben, Holzpalisade oder auch als Steinmauer ausgeführt war. Mit Hilfe dieses ausgeklügelten Systems bestehend aus Grenzbefestigungen und seinen kleinen und größeren Kastellen im Hinterland wurde sichergestellt, dass auf jedwede Zwischenfälle schnell reagiert werden konnte.
Entlang dieses Bollwerks waren rund 35.000 Hilfstruppensoldaten (auxilia) stationiert. Davon dienten 4.500 in reinen Reitereinheiten (alae) und etwas mehr als 5.000 in gemischten Verbänden (cohortes equitatae). Wegen der Schnelligkeit, der großen Reichweite und auch der physischen Überlegenheit gegenüber Fußsoldaten setzte man in dieser Region verstärkt auf die militärische Reiterei. Schließlich konnte eine Reiterabteilung am Tag bis zu 80 km zurücklegen. So konnten auch Patrouillen weit jenseits des Limes durchgeführt werden.
Von Aalen aus operierte – wie bereits erwähnt – die ala II Flavia pia fidelis milliaria, die größte und bedeutendste Reitertruppe am gesamten Limes. Die 1000 Mann starke Einheit übernahm zudem Aufgaben in der Militär- und Zivilverwaltung in der gesamten Provinz Raetien.
Untergebracht waren die Reitersoldaten und deren Pferde in 12 großen Doppelbaracken. Basierend auf den Ergebnissen der Grabungsbefunde im Kastell Heidenheim hat man im Limesmuseum Aalen drei Gemeinschaftsstuben einer Doppelbaracke im Maßstab 1:1 nachgebaut. Zwei Raumeinheiten davon wurden als Werkstatt (fabrica) dargestellt, in der man rekonstruierte Werkplätze von Handwerkern und insbesondere einen Schmiedeofen sehen kann.
Eine Gemeinschaftsstube (contubernium) bestand aus zwei Räumen. Im vorderen Bereich befand sich der Pferdestall.
An den Stall schloss sich der Wohnraum für die Soldaten an. Man nimmt an, dass die Stuben zweigeschossig waren. Im Untergeschoss bereiteten die Soldaten ihre Mahlzeiten zu. Hier bewahrten sie auch ihre Waffen und Ausrüstung auf. Im Obergeschoss, das über eine Leiter erreichbar war, werden sie wohl geschlafen haben.
Das 70 x 60 m große Stabsgebäude (principia) war der Mittelpunkt des Militärlagers, zu dem alle vier Wege führten, über die man das Kastell betreten konnte. Hier fanden die Appelle statt, in den dort befindlichen Schreibstuben und Versammlungsräumen wurden die Einsätze geplant und organisiert. Das um 164 n. Chr. fertigstellte Gebäude - übrigens die größte Principia, die am Limes gefunden wurde - diente auch als Kultplatz und Tempel der Heeresreligion. Es bestand aus einer mächtigen, 18 m hohen Vorhalle und einer zweigeschossigen Raumflucht, in der das Fahnenheiligtum, Schreibstuben, Archive und Versammlungsräume der Offiziere untergebracht waren. Der zentrale Innenhof, in dem sich ein Brunnenheiligtum und ein Altar bzw. ein Reiterstandbild befanden, wurde durch einen offenen Umgang begrenzt.
Vom Haupttor (porta praetoria) des Kastells gelangte man über die Via praetoria zum 11 m hohen Haupteingang des Stabsgebäudes. Zwei weitere Eingänge befanden sich an den Schmalseiten der imposanten Vorhalle.
In der 68 m langen und ca. 18 m hohen Vorhalle versammelte sich u. a. die Mannschaft zur Befehlsausgabe. Außerdem wurde die riesige Halle wohl auch als Trainingsplatz genutzt.
In der Nähe des ehemaligen Haupteingangs befindet sich ein im Jahr 1997 hergestellter Nachbau eines römischen Baukrans.
Der Innenhof, in dessen Zentrum sich wahrscheinlich ein Altar oder ein Sockel samt Statue befunden haben könnte, war von einem offenen Umgang (Portikus) umgeben. Hier fand man die Überreste eines Trinkwasserbrunnens und eines Nymphenheiligtums.
An der Westseite des Umgangs befand sich der Eingang in das Fahnenheiligtum. Von hier gelangte man auch in den Versammlungsraum für die Offiziere und in die diversen Schreibstuben.
Im Fahnenheiligtum, dem hier in Aalen architektonisch durch eine halbrunde Apside eine besondere Bedeutung zugewiesen wurde, bewahrte man die beinahe religiös verehrten Feldzeichen auf. Außerdem standen hier eine überlebensgroße Ehrenstatue des Kaisers und Altäre für Opferzeremonien. Im Keller wurde die Truppenkasse aufbewahrt.
In den Schreibstuben kümmerten sich Soldaten um die vielfältigen Verwaltungsaufgaben.
Manche dieser Schreibstuben waren sogar mit Fußbodenheizungen ausgestattet.
Südöstlich des Stabsgebäudes entdeckte man die Reste zweier Gebäude. Eines davon könnte das Wohnhaus des Kommandanten (praetorium) gewesen sein. Bei dem anderen handelt es sich wahrscheinlich um einen Getreidespeicher.
Entlang der Via principalis befand sich ein Gebäude mit Innenhof, das als großer Magazinbau gedeutet wird.
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Limesmuseum Aalen