Die Geschichte des Marcellustheaters reicht bis in die späten Jahre der Römischen Republik zurück. Julius Caesar initiierte Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. die Planungen für das Theater, nachdem er ein großzügiges Gelände im nördlichen Bereich des antiken Gemüsemarkts (Forum Holitorium) und in unmittelbarer Nähe zum Apollo-Tempel (Apollo Sosianus) erworben hatte. In dieser Zeit galt das Theater des Pompeius, das sich ebenfalls auf dem Campus Martius befand, als das größte und prächtigste Theater Roms. Caesar strebte nach seinem Sieg über Pompeius in den Machtkämpfen um Rom an, ein mindestens ebenso beeindruckendes Bauwerk zu schaffen.
Theater des Pompeius (55 v. Chr.): Das erste permanente Steintheater in Rom. Es wurde von Pompeius Magnus auf dem Campus Martius erbaut und bot Platz für etwa 17.500 Zuschauer. Es war ein ehrgeiziges Projekt und diente als Modell für spätere Theaterbauten. Um das religiöse Verbot dauerhafter Theater zu umgehen, wurde es mit einem angeschlossenen Venus-Tempel kombiniert. Vor den Steintheatern waren temporäre Holzbauten üblich. Diese wurden für bestimmte Festspiele, wie die Ludi Romani, errichtet. Ein Beispiel ist das Theater, das 179 v. Chr. von Marcus Aemilius Lepidus und Marcus Fulvius Nobilior errichtet wurde. Diese Konstruktionen waren allerdings nicht dauerhaft und wurden nach den Spielen wieder abgebaut. © Bild:
Wikimedia Commons
Für die Wahl des Bauplatzes sprach auch die Nähe zum
Theatrum et Proscaenium ad Apollinis, einem älteren Theater, das in Verbindung mit dem Apollotempel stand. Dieses Theater ergänzte die sakrale Funktion des Tempels durch eine kulturelle und gesellschaftliche Komponente. Die Bühne (Proscaenium) diente als Plattform für dramatische Aufführungen und kultische Zeremonien, insbesondere während der Ludi Apollinares, einem Fest zu Ehren des Gottes Apollo. Von diesem Theater haben sich allerdings kaum physische Überreste erhalten, die Informationen darüber stützen sich weitgehend auf antike Quellen wie Livius und spätere archäologische Hypothesen.
Caesar erlebte die Fertigstellung des von ihm initiierten Theaters jedoch nicht, da er kurz nach Beginn der Bauarbeiten ermordet wurde. Nach seinem Tod kam das ambitionierte Projekt zunächst vollständig zum Stillstand. Erst mehr als 20 Jahre später griff Kaiser Augustus die Pläne wieder auf und setzte die Arbeiten fort. Der Bau des imposanten Gebäudes schritt rasch voran, sodass im Jahr 17 v. Chr. bereits Teile des Theaters für die Feierlichkeiten der Ludi Saeculares genutzt werden konnten. Das Theater wurde schließlich im Jahr 13 v. Chr. fertiggestellt und im darauffolgenden Jahr, 12 v. Chr., von Augustus offiziell eingeweiht. Er widmete das Bauwerk seinem früh verstorbenen Neffen Marcus Claudius Marcellus, der ursprünglich als sein Nachfolger vorgesehen war und im Jahr 23 v. Chr. in Baiae starb.
Reconstruction of the Monuments of the Circus Flaminius (Gatteschi, 1907): Die Zeichnung zeigt eine historische Rekonstruktion mehrerer Bauwerke, die mit dem Circus Flaminius im antiken Rom in Verbindung stehen. Sie illustriert den kulturellen und politischen Charakter dieses Bereichs im Campus Martius. Rechts im Bild ist das
Marcellustheater
zu sehen, eines der bedeutendsten antiken Theater Roms.
Die Außenfassade aus Travertinstein zeigt zwei Stockwerke mit Bögen: Im unteren Bereich sind dorische Säulen zu sehen, darüber befinden sich ionische. Das dritte Stockwerk, das vermutlich korinthische Säulen aufwies, ist nicht mehr erhalten.
Ab dem 4. Jahrhundert erfolgte keine weitere Nutzung des Theaters. Das Bauwerk wurde als Steinbruch genutzt. Im 12. Jahrhundert erfolgte eine Umgestaltung des ehemaligen Theaters in eine Festung durch die Familie Fabii bzw. Faffi, welche im Ende des 14. Jahrhunderts an die Familie Savelli überging. Im 16. Jahrhundert errichtete man auf den Fundamenten des Theaters unter Einbeziehung der wenigen erhaltenen Teile einen Palazzo im Renaissancestil, der 1712 von der Familie Orsini übernommen wurde, welche bis in die 1930er Jahre Eigentümer blieb. In der Folge wurden die Arkaden von den dort hineingebauten Wohnungen und Werkstätten befreit.
Zu Goethes Zeit lag das Theater des Marcellus in einer dicht besiedelten, urbanisierten Zone nahe dem jüdischen Ghetto, das damals noch existierte. Die umliegenden antiken Straßen waren teils verfallen, teils überbaut, doch die markante Kurve der Theaterfassade blieb ein prägendes Element der Umgebung. Goethe erlebte das Theater als eine beeindruckende Mischung aus antiker Pracht und nachträglichen Überformungen. Es war ein Symbol römischer Baukunst und zugleich ein Zeugnis der fortwährenden Nutzung und Anpassung im Lauf der Jahrhunderte. Diese Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart spiegelte die Faszination vieler Grand-Tour-Reisender für Rom wider: eine Stadt, in der die Geschichte lebendig blieb und mit der Gegenwart verschmolz.
Heute können Besucher die erhaltenen Arkaden und Travertinwände bestaunen, die noch von der einstigen Pracht zeugen.
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Im Vordergrund sieht man die Stelle, an der sich wahrscheinlich der Tempel der Bellona befand. Dahinter erheben sich die drei Säulen des Tempels des Apollo Sosianus.