Titus Flavius Vespasianus, der sich im Vierkaiserjahr 69 n. Chr. erfolgreich gegen seine Rivalen durchsetzen konnte, begann nur wenige Jahre nach seinem Amtsantritt mit dem Bau eines steinernen Amphitheaters, das alle bisherigen Vorgängerbauten bei Weitem übertreffen sollte. Die Wahl des Bauplatzes überließ der Kaiser – dem wir übrigens das Bonmot „Geld stinkt nicht“ verdanken – jedoch keineswegs dem Zufall. Mit strategischem Geschick platzierte er das für die Öffentlichkeit bestimmte Monument im Zentrum der einstigen Privatgärten seines Vorgängers Nero. Darüber hinaus machte Vespasian Teile der Stadt, die in Neros gigantischem Palast (Domus Aurea) eingeschlossen waren, wieder für die Römer zugänglich. Er ließ den von Nero zerstörten Tempel des Claudius rekonstruieren, stellte Statuen aus Neros Villa im Friedenstempel (Templum Pacis) auf dem Friedensforum aus und ließ an der Stelle von Neros mutmaßlichen Privatthermen die Titus-Thermen errichten. Offenbar war das Volk stärker mit Nero verbunden, als es Vespasian recht sein konnte. Dies deutet zweifellos darauf hin, dass der von der senatorischen Geschichtsschreibung und christlichen Autoren oft negativ dargestellte Nero von seinen Zeitgenossen möglicherweise anders wahrgenommen wurde, als es uns heutige Lehrbücher glauben machen wollen.
Die Planer dieses monumentalen Amphitheaters verfolgten das Ziel, einen imposanten Veranstaltungsort zu schaffen, der bis zu 50.000 Zuschauern Platz bieten würde. Hier waren Gladiatorenkämpfe, Tierjagden, öffentliche Hinrichtungen sowie Nachinszenierungen berühmter Schlachten vorgesehen, um das römische Volk zu unterhalten und die Macht und Größe des Reiches zu demonstrieren. Das geplante Bauwerk wurde in Form einer Ellipse mit einem Gesamtumfang von 527 Metern konzipiert. Die Hauptachsen der Ellipse sollten 188 Meter und 156 Meter betragen. Die Arena selbst war mit einer Länge von 86 Metern und einer Breite von 54 Metern geplant. Die ursprüngliche Höhe des Kolosseums war auf 52 Meter ausgelegt. © Bild:
Wikimedia Commons
Die offizielle Einweihung, die mit einem opulenten 100-tägigen Fest gefeiert wurde, bei dem angeblich etwa 5000 Tiere getötet wurden, fand unter Vespasians Sohn Titus statt, der den Bau vollendete.
Der Platz vor dem Kolosseum wurde im Rahmen der Neugestaltung des Areals, das einst Teil der weitläufigen Domus Aurea war, ebenfalls neu gestaltet. An der Stelle, wo mehrere Stadtbezirke zusammenliefen und die Via Sacra ihren Ursprung hatte, wurde der monumentale Brunnen Meta Sudans errichtet, der die Form eines riesigen Kegels hatte. Kaiser Hadrian ließ zudem die monumentale Bronzestatue, die ursprünglich im Auftrag Neros gefertigt und in der Eingangshalle der Domus Aurea aufgestellt worden war, auf den Platz vor dem Amphitheater versetzen. Antiken Quellen zufolge wurden hierfür 24 Elefanten eingesetzt – eine Zahl, die wahrscheinlich symbolisch zu verstehen ist. Die als „Koloss des Nero“ bekannte Statue, die später in ein Abbild des Sonnengottes umgewandelt wurde, prägte das Erscheinungsbild des Amphitheaters nachhaltig. Häufig wird angenommen, dass diese monumentale Statue maßgeblich zur heutigen Bezeichnung „Kolosseum“ beigetragen hat, da ihre imposante Größe den Begriff „kolossal“ inspirierte.
Im Jahr 1744 erließ Papst Benedikt XIV. ein Edikt, das die Plünderungen beendete und die Errichtung der vierzehn Heiligtümer der Via Crucis veranlasste. 1749 weihte er das Kolosseum als Kirche zu Ehren Christi und der christlichen Märtyrer. John Warwick Smith (1749 - 1831) - An Interior View of the Colosseum. © Bild:
Wikimedia Commons
"Einen vorzüglich schönen Anblick gewährt das Coliseo. Es wird nachts zugeschlossen, ein Eremit wohnt darin an einem Kirchelchen, und Bettler nisten in den verfallenen Gewölben. Sie hatten auf flachem Boden ein Feuer angelegt, und eine stille Luft trieb den Rauch erst auf der Arena hin, daß der untere Teil der Ruinen bedeckt war und die ungeheuern Mauern oben drüber finster herausragten; wir standen am Gitter und sahen dem Phänomen zu, der Mond stand hoch und heiter."
Johann Wolfgang von Goethe, im Jahr 1787, während seines Aufenthalts in Rom
Seit dem späten 18. Jahrhundert hat das Kolosseum dann zahlreiche Veränderungen erfahren. Während der Romantik wurde es als malerische Ruine bewundert, doch bald setzten Päpste und Architekten gezielte Maßnahmen zur Erhaltung des Bauwerks um. Im 19. Jahrhundert wurden Teile der einsturzgefährdeten Struktur stabilisiert, und großflächige Restaurierungen folgten. Unter Benito Mussolini wurde das Amphitheater in den 1930er Jahren umfassend freigelegt und teilweise rekonstruiert, um es als Symbol römischer Größe zu inszenieren.
Das Kolosseum um 1858 mit der Meta sudans im Vordergrund, die dort bis 1936 stand.
Wikimedia Commons
Heute ist das Kolosseum eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Welt und steht als eindrucksvolles Denkmal für die Geschichte und den Wandel Roms.
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Der damals mit Holzbohlen abgedeckte Boden der Arena ist zum Teil offen, sodass man die komplizierte Unterkonstruktion erahnen kann. Diejenigen Besucher, die eine sog. Underground-Tour gebucht haben, können sogar in diesem beeindruckenden System aus Räumen, Gängen, Kerkern und Käfigen herumgehen. Teilweise sind auch nachgebaute Vorrichtungen für die Bühnentechnik an den originalen Standorten zu sehen.
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Am Außenrand des obersten Geschosses befanden sich Vorrichtungen zur Aufnahme von Holzmasten, an denen bei Bedarf besonders erfahrene Matrosen der kaiserlichen Flotte die riesige ringförmige Segeltuch-Plane (velarium) aufzogen, um so die Zuschauer auf den Rängen vor der Sonne zu schützen.
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Bildtitel
Untertitel hier einfügen
Button
Jeder Zuschauer besaß eine Eintrittsmarke, auf der eine Nummer und Angaben zu den entsprechenden Ein- und Aufgängen angegeben war. Über den als Bögen gestalteten Eingängen im Erdgeschoss befand sich eine Nummer, an der man sich orientieren konnte. Mit Hilfe eines ausgeklügeltes Systems von Treppen und Korridoren war es dann sehr einfach, zu seinem Platz zu gelangen, der einem aufgrund der Zugehörigkeit zu einer genau definierten Schicht innerhalb der römischen Gesellschaft zustand. Vier dieser Eingänge waren für die Oberschicht reserviert. Nach heutigen Berechnungen konnten die gesamte Anlage, in der bis zu 50 000 Zuschauer Platz fanden, dank des ausgefeilten Systems binnen kürzester Zeit evakuiert werden.
Meta Sudans: Die Brunnenanlage blieb zumindest teilweise bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts erhalten. Unter Mussolini wurden diese, zusammen mit den Resten der Basis, auf dem der Koloss des Nero stand, endgültig beseitigt. In den 1990er Jahren wurden die Fundamente, die sich vor dem Konstantinsbogen befinden, freigelegt.
YouTube Video:
"HISTORY IN 3D" - ANCIENT ROME 320 AD - 3rd trailer "Walking around Colosseum"
Der Ludus Magnus
In unmittelbarer Nähe des Kolosseums befanden sich eine Reihe von Gebäuden und Einrichtungen, die für den reibungslosen Ablauf des Spielbetriebes nicht wegzudenken waren. Dazu gehörten das Spoliarium (wohin man die Leichen der getöteten Gladiatoren bzw. auch der Tiere brachte), das Sanarium (eine Art Lazarett für verwundete Kämpfer), eine Rüstkammer zur Unterbringung der Waffen, die Castra Misenatium, wo die für das Velarium (Sonnensegel) verantwortlichen Seeleute untergebracht waren, das Summum Choragium, in dem die für die Durchführung der Spiele benötigten Maschinen und Utensilien aufbewahrt wurden, und schließlich die mit dem Kolosseum verbundenen Gladiatorenschulen, die unter der Leitung kaiserlicher Beamter standen. Dazu gehörten die im Auftrag von Domitian errichteten Kasernen des Ludus Dacicus, Ludus Gallicus, Ludus Matutinus, wo die bestiarii (Kämpfer gegen Tiere) ausgebildet wurden, und schließlich des Ludus Magnus, von dem im Zuge einer Grabungskampagne in der ersten Hälfte des 20. Jhs. einige Reste zu Tage gefördert werden konnten.
Der
Ludus Magnus, die größte der vier von Domitian errichteten Gladiatorenschulen, war ein rechteckiges, vermutlich dreistöckiges Gebäude mit einem von Portiken eingefassten Innenhof, in dem ein kleines Amphitheater eingebaut war. Die 63 x 42 m große Arena, die offensichtlich als Übungsplatz für die Gladiatoren genutzt wurde, war umgeben von Sitzreihen für Zuschauer. Insgesamt konnten hier bis zu 3000 Personen, die über kleine Treppen ihre Plätze erreichen konnten, den Gladiatoren beim Training zusehen. Zu der Ehrentribüne gelangte man wahrscheinlich von der oberen Portikus aus. Die Zellen für die Gladiatoren befanden sich rund um den Innenhof. Sie hatten eine Grundfläche von 5 x 4 m und boten jeweils Platz für 2 Personen. Aus dem Ludus Magnus führte ein Gang in die unterirdischen Räume des Kolosseums und damit direkt in die Arena. Im 5. Jh. endete die Geschichte der Gladiatorenkämpfe und somit auch die der Gladiatorenschule. Die Anlage verfiel und diente, wie auch das Kolosseum, als Lieferant für Baumaterial. Bild: ©
Wikimedia Commons
Die Ruinen des Ludus Magnus befinden sich in unmittelbarer Nähe zum Kolosseum. Bei der 1937 entdeckten Anlage handelt es sich um einen Teil der nördlichen Hälfte der von Domitian erbauten Gladiatorenkaserne. Zu sehen sind Überbleibsel der Zuschauerränge, ein Teil der Ellipse, Reste der Zellen der Gladiatoren und die Rekonstruktion eines der dreieckigen Brunnen, die in den vier Ecken des Hofes standen. Die übrigen Teile liegen unter den umliegenden Häusern. Bild: ©
Wikimedia Commons
BILDNACHWEIS
- Titelbild: Trimlack
© Pixabay
- Dorieo: Maqueta del Coliseo. © Bild:
Wikimedia Commons
- John Warwick Smith (1749 - 1831) - An Interior View of the Colosseum, Rome. © Bild:
Wikimedia Commons
- Kolosseum: File: Architecture, classic and early Christian (1888). Bild: ©
Wikimedia Commons
- Meta Sudans: Das Kolosseum um 1858 mit der Meta sudans im Vordergrund, die dort bis 1936 stand. Bild: ©
Wikimedia Commons
- Ludus Magnus Modell: Bild:
©
Wikimedia Commons
- Ludus magnus: barracks for gladiators built by Emperor Domitian (81–96 CE). Bild: ©
Wikimedia Commons